Es waren beängstige Szenen mitten Uhingen, die sonst nur in den Nachrichten zu sehen sind, wenn von heftigen Unwetterereignissen in anderen Teilen der Welt oder Deutschlands berichtet wird. Doch im Juni befanden sich einerseits viele Gemeinden entlang der Fils im Landkreis Göppingen im Ausnahmezustand – und Uhingen aufgrund der extremen Hochwasser- und Starkregen-Ereignisse im Speziellen. 500 Rettungskräfte aus dem gesamten Landkreis und benachbarten Landkreisen rückten nach Uhingen aus, um die große Katastrophe mit Menschenopfern zu verhindern. Bauunternehmen stellten großes Gerät und nach dem Unwetterwochenende packten ehrenamtliche Helfer voller Tatendrang an. „Ich bin tief beeindruckt von dem, was Sie alle geleistet haben“, wandte sich Uhingens Bürgermeister nun kürzlich an die Helfer. Und davon waren es einige: Von den mehr als 500 Frauen und Männern, die die Stadt Uhingen zu einem zünftigen Helfer-Vesper ins Uditorium eingeladen hatte, waren mehr als 300 gekommen. „Ich bin aber auch beeindruckt davon, dass Sie heute hier so zahlreich vertreten sind“, zollte der Bürgermeister den Anwesenden Respekt.
Und es war wirklich ein beeindruckendes Erlebnis, so viele Rettungskräfte unterschiedlicher Feuerwehren, verschiedener Ortsverbände des Technischen Hilfswerks, der Malteser sowie Bürgerinnen und Bürger zu sehen, die nicht in konzentrierter Anspannung in einer schier unüberschaubaren Situation den Überblick behielten. Nein, völlig entspannt genossen sie einen Abend, der zwar den Hochwasser und Starkregen-Ereignissen in Uhingen und den Stadtteilen geschuldet war, nun aber im Zeichen des Dankes und der Geselligkeit stand. „Wir sind für solche Großeinsätze des Dankes nicht gerüstet“, gestand Uhingens Stadtoberhaupt mit einem Augenzwinkern: „Wir werden Einweiser zum Parken benötigen, wenn wir das nächste Helfer-Vesper veranstalten – nur diesmal ohne Hochwasser oder andere Unwetterereignisse.“ Denn das letzte Mal, dass so viele Rettungskräfte und Einsatzfahrzeuge in Uhingen anzutreffen waren, war im Juni. Wer am Abend des Helfer-Vespers in Uhingen einkaufen war, hätte angesichts der schieren Anzahl an Feuerwehr-, THW- und Malteser-Fahrzeugen den Eindruck erhalten können, in Uhingen findet eine Rettungskräfte-Tagung des Landes statt.
Doch nicht nur Rettungskräfte befanden sich unter den Anwesenden, sondern auch engagierte Bürgerinnen und Bürger, die in den Tagen nach dem Hochwasser bei betroffenen angepackt und beispielsweise vollgelaufene Keller ausgeräumt haben. Auch Gastronomen aus Uhingen waren eingeladen, da sie während des Unwetters die Einsatzkräfte mit Essen und Getränken versorgt hatten. „Sie kamen von den Einsätzen vor Ort und mussten sich keine Gedanken darüber machen, wo sie etwas zum Essen herbekommen: Es wurde geliefert und hat alle zusätzlich motiviert“, bemerkte Matthias Wittlinger. Und auch Mitarbeitende der Stadtverwaltung, die beim Unwetter-Wochenende außerhalb ihrer Arbeitszeiten im Krisenstab und vor Ort beispielsweise im Stadtteil Holzhausen die Maßnahmen mit den Rettern abstimmten und in den darauffolgenden Tagen die Hilfsanfragen von Betroffenen sowie engagierten Menschen koordiniert haben. „Es ist mir ein sehr großes Anliegen, Danke zu sagen. Es war beeindruckend zu sehen, was man gemeinsam leisten kann“, wandte sich Uhingens Bürgermeister an die mehr als 300 Menschen im Uditorium. „Es waren so viele Menschen, so viele Trupps im Einsatz und alle haben sich auf ihren Aufgabenbereich konzentriert.“
Und beim Helfer-Vesper, aufgetischt von den Mitgliedern des Fischereivereins, dürften die meisten Anwesenden erstmals – fast 6 Monate nach den heftigen Ereignissen – einen Gesamtüberblick über das gesamte Ausmaß von Hochwasser und Starkregen erhalten haben. Denn Uhingens Feuerwehrkommandant Steffen Kwiatkowski schilderte das dramatische Wochenende aus Sicht des Einsatzleiters, der zahlreiche Maßnahmen und Hilferufe koordinieren musste. „Am Ende des Wochenendes hatten wir in ganz Uhingen 335 Einsatzstellen und alleine unsere Uhinger Kameradinnen und Kameraden haben 4034 Einsatzstunden geleistet.“
Die geographische Lage von Uhingen im mittleren Filstal bringe einen Nachteil mit sich, sagte der Kommandant: „Was im Oberen Filstal als Niederschlag herunterkommt, kommt bei uns an.“ Schon am Freitagmorgen veranlassten die Verantwortlichen im Rathaus die ersten Schutzmaßnahmen wie etwa den Aufbau eines Schutzwalls am Lessingweg. Als der Pegel der Fils am Freitagabend gegen 21.30 Uhr zirka 250 Zentimeter betragen habe, wurden deshalb erste Maßnahmen eingeleitet, die eigentlich erst bei einer Pegelhöhe ab 300 Zentimetern ergriffen werden. „Wir haben sie früher ergriffen, weil wir wussten, was auf uns zukommt“, sagte der Kommandant.
Vollgelaufene Keller, eine über die Ufer tretende Fils, Sturzbäche, Schlammwellen, Blaulicht, ratternde Pumpen, Schlafmangel, durchnässte Kleidung, unbelehrbare Schaulustige, Evakuierungen, Erdrutsche – bis in die frühen Morgenstunden des Montags herrschte Ausnahmezustand in Uhingen. „Am Sonntag gab es mittags im gesamten Landkreis Göppingen keine Sandsäcke mehr“, verdeutlicht Steffen Kwiatkowski die dramatische Lage. „Wir haben massiv Überlandhilfe angefordert.“ Die eine Hälfte der Rettungskräfte des Landkreises Göppingen war in Uhingen, die andere in Ebersbach. „Wir waren Gott froh über die Kräfte aus anderen Gemeinden“, zeigte sich der Kommandant auch Monate später dankbar. Denn am Montagmoren wurden die Uhinger Einsatzkräfte für 6 Stunden zum Zwangsschlafen geschickt, nachdem sie 3 Tage am Stück durchgemacht hatten. „Nach so einem Dauereinsatz kann die Einsatzbereitschaft irgendwann einfach nicht mehr aufrechtgehalten werden“, erklärte er. Dann hätten auswärtige Feuerwehren in Uhingen die Hochwasser-Einsätze abgearbeitet und die den Fall eines Brandes nötige Grundsicherung übernommen.
Zugleich räumte Steffen Kwiatkowski auch mit einem Gerücht auf, das seit dem Unwetter durch Uhingen und den Landkreis wabert: Weil der Stausee bei Donzdorf geöffnet wurde, hätten sich die austretenden Wassermassen in einer Flutwelle über Uhingen ergossen und enorme Schäden angerichtet. „Das stimmt nicht, das Wasser hätte nie solche Wucht gehabt“, erklärt er. Stattdessen gebe es zwei mögliche Ursachen, die näher geklärt werden müssten. Einerseits gab es oberhalb von Eislingen am Sonntagabend ein Gewitter, dessen ergiebige Niederschläge als Flutwelle durch die Fils in Uhingen schwappten. Andererseits hätte eine überflutete Redundanzfläche beim Göppinger Stadtbezirk Faurndau – eine Überflutungsfläche des Pfuhlbachs - auch die Flutwelle auslösen können. „Die beiden Tatsachen lassen sich aber noch nicht als Ursache festmachen“, betont der Kommandant.
So heftig die Ereignisse auch waren, so deutlich machte der Kommandant, dass man in Uhingen relativ glimpflich davongekommen sei: „Ich bin unglaublich dankbar, dass wir keine Personenschäden verzeichnen mussten und alle von uns nach den Einsätzen wohlbehalten zurückgekommen sind.“ Und Bürgermeister Matthias Wittlinger ergänzte: „Vielen Dank, dass Sie für uns da waren! Wenn Sie mal Hilfe benötigen, seien Sie sich bewusst: Uhingen hilft.“
Info: Die Uhinger Feuerwehr und der Krisenstab wurden unterstützt von: den Feuerwehren aus Adelberg, Albershausen, Bad Boll, Böhmenkirch, Dürnau, Eislingen, Gingen, Gruibingen, Göppingen, Hattenhofen, Heiningen, Lauterstein, Rechberghausen, Schlierbach, Stuttgart, Süßen, Wangen, Zell unter Aichelberg, Berufsfeuerwehr Stuttgart und Werkfeuerwehr Wala, den THW-Ortsverbänden aus Geislingen, Göppingen, Gruibingen, Kirchheim/Teck, Ostfildern, Schwäbisch Gmünd und Hechingen, der Polizei Uhingen, dem Malteser Hilfsdienst Göppingen/Uhingen sowie den Firmen Fischer und Moll.
Für die Angestellten des Bauhofs, der Kläranlage und des Wertstoffhofs sowie das Hausmeister-Team der Hieberschule gab es ein separates Danke-Essen beim Bauhof. Hier steht mehr dazu:
Stadt und Personalrat danken